Sonntag, 5. Januar 2014

Wie Gefühle wahrgenommen werden

In den letzten Tagen wurde in mehreren deutsch- und englischsprachigen Onlinemedien auf die Studie "Bodily maps of emotions" von Lauri Nummenmaa von der finnischen Aalto University hin gewiesen, in der eine Karte erstellt wurde, wo im Körper bestimmte Gefühle wahrgenommen werden:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/wahrnehmung-von-emotionen-die-angst-sitzt-in-der-brust-a-941407.html
(Das Bild anklicken, damit die Grafik vollständig angezeigt wird)

http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/koerper-und-emotionen-karte-der-gefuehle-1.1854431

http://www.npr.org/blogs/health/2013/12/30/258313116/mapping-emotions-on-the-body-love-makes-us-warm-all-over

http://www.usnews.com/news/articles/2013/12/30/study-finds-emotions-can-be-mapped-to-the-body

Nach meinem Verständnis ist die wesentliche Erkenntnis der Studie, dass das jeweilige Gefühle in verschiedenen Kulturen und Sprachfamilien jeweils gleiche körperliche Empfindungen hervorruft. Ob hier zwischen Gefühlen und Emotionen unterschieden wird, ist mir nicht klar. Die deutschsprachigen Artikel benutzen die Begriffe scheinbar in gleicher Bedeutung.

Es geht in der Studie nicht direkt um Alexithymie, aber evtl. helfen die Bilder bei der Frage, wie "richtige" Gefühle denn wahrgenommen werden "müssten".

Interessant dazu finde ich vor allem den Satz aus der Süddeutschen: "Nummenmaa vermutet, dass es erst diese körperlichen Veränderungen die bewusste Wahrnehmungen der Gefühle ermöglichen."

Wenn ich diese körperlichen Empfindungen in entsprechenden Situationen nicht spüre, habe ich auch nicht das entsprechende Gefühl, zumindest nicht bewusst. Wenn ich die körperlichen Empfindungen nie hatte, hatte ich auch nie das entsprechende Gefühl. Ich bin allerdings nicht sicher, ob diese Interpretation wirklich richtig ist. Evtl. ist es aber ein Hinweis für die Frage, ob man Gefühle hat oder nicht.




Samstag, 29. Juni 2013

Alexithymie – Soziopathie – Psychopathie

Weil in den Kommentaren mehrfach eine Gleichsetzung von alexithymen Menschen mit Soziopathen angesprochen wurde, versuche ich die Ähnlichkeiten und die Unterschiede zwischen Alexithymie, Soziopathie und Psychopathie darzustellen.

Ähnlichkeiten:
Alexithyme, Soziopathen und Psychopathen zeigen einen Mangel an Einfühlungsvermögen, sind emotional schwer erreichbar und können oberflächliche oder sogar erfundene Gefühlsbeschreibungen verwenden, um soziale Kontakte herzustellen.

Unterschiede:
Alexithyme haben Schwierigkeiten eigene Gefühle und die Gefühle anderer zu erkennen. Sie passen sich an ihr soziales Umfeld an, halten ethische Normen ein und handeln kontrolliert. Sie sind oft angepasst und eher ängstlich.

Soziopathen erkennen Gefühle anderer nicht. Psychopathen setzen sich bewusst über Gefühle anderer hinweg. Soziopathen und Psychopathen passen sich in der Regel nicht an ihr Umfeld an, missachten ethische Normen, handeln unkontrolliert, unangepasst und ohne Schuldbewusstsein. Das gestörte Verhältnis von Soziopathen zu anderen Menschen resultiert daraus, dass sie deren Reaktionen nicht einschätzen können. Psychopathen dagegen interpretieren Gefühle anderer oft sehr gut und nutzen diese Gefühle bewusst zu ihrem Vorteil aus.

Soziopathen und Psychopathen in medizinischem Sinn sind selten. Die Bezeichnungen aber werden häufig verwendet um auszudrücken, dass sich ein Mensch anderen gegenüber immer wieder sehr schlecht verhält.
Eine Unterscheidung von Alexithymie zu Soziopathie und Psychopathie anhand der Unterscheidung zwischen Gefühlen und Emotionen halte ich nicht für sinnvoll. Die Begriffe Gefühl und Emotion werden nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch normalerweise in gleicher Bedeutung verwendet. Sogar viele Wissenschaftler, Therapeuten etc. benutzen beide Begriffe als Synonyme. Wie schwer eine Unterscheidung fällt, zeigt z.B. das Pflegewiki: http://www.pflegewiki.de/wiki/Gef%C3%BChl
Selbst bei strenger Unterscheidung zwischen Gefühl und Emotion, z.B. anhand der jeweiligen Definitionen in Wikipedia, bleibt unklar auf welche dieser Ebenen sich Alexithymie auswirkt. Es ist keineswegs sicher, dass jeder alexithyme Mensch alle Emotionen unbewusst oder bewusst (körperlich) spürt. Dass diese Emotionen nicht bestimmten Gefühlen zugeordnet werden können und deshalb psychosomatische Erkrankungen folgen, konnte nicht belegt werden.
Z.B. enthält die Arbeit „Feelings with no name - In search of a neural basis for alexithymia“ von Katharina Sophia Goerlich Hinweise, dass bei Alexithymen schon die unbewusste Aufnahme von emotionalen Reizen anders verläuft, als bei Nicht-Alexithymen.

Im Rahmen dieses Blocks will ich mich nicht auch noch in die möglichen neuronalen Ursachen für Soziopathie und Psychopathie einarbeiten. Die aufgeführten Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Auswirkungen sollten für die Unterscheidung ausreichen.

Weitere Quellen

Untersuchung zu funktionellen und topographischen Korrelaten früher Verarbeitung affektexpressiver Mimik bei Alexithymen
Jessica Kessler
2011

Feelings with no name - In search of a neural basis for alexithymia
Katharina Sophia Goerlich
2011

Sonntag, 8. Januar 2012

Artikel auf welt.de

Der erste Artikel ist von Ende 2010, aber ich habe ihn jetzt erst gesehen. Ich finde er ist sehr gut zu lesen und beschreibt das Thema sachlich und ausgewogen:

http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article10799184/Jeder-elfte-Deutsche-ist-blind-gegenueber-Gefuehlen.html

Hier noch ein Artikel, wie man evtl. Gefühle lernen kann:

http://www.welt.de/gesundheit/article13364949/Wie-Gefuehlsblinden-Emotionen-beigebracht-werden.html

Montag, 5. Dezember 2011

Interessante Originalstudien


Hier noch ein paar originale Studien über Alexithymie, die die Aussagen hier im Block unterstützen und ergänzen. Alle aufgelisteten Arbeiten sind im Internet frei zugänglich. Ich verlinke die Arbeiten nicht, weil sich solche Links schnell ändern. Mit Titel und Autor lassen sich die Artikel schnell mit Suchmaschinen finden. Mit den Suchbegriffen "Alexithymia" und "pdf2 lassen sich noch viele andere wissenschaftliche Arbeiten aus erster Hand finden. Darunter sind aber viele Studien, die sich mit ganz speziellen Fragestellungen beschäftigen.

Die genannten Arbeiten enthalten neben den direkt behandelten Aspekten oft auch weitere interessante Aussagen über Alexithymie. Meistens ist zumindest ein kurzer Abschnitt mit den wichtigsten Grundannahmen zur Alexithymie enthalten. In der Regel ist es für medizinische Laien nur sinnvoll die einleitenden Kapitel und die Ergebnisdiskussionen am Ende zu lesen.
Trotzdem sollte man hin und wieder mal auch tiefer hinein sehen. Es ist sicher interessant zu sehen, auf welch geringen Teilnehmerzahlen und speziellen Teilnehmergruppen einige Thesen beruhen. Interessant ist auch, mit welchen statistischen Methoden manche Aussagen aus dem Durchschnittsergebnis heraus gearbeitet werden. Nicht zuletzt wird auch klar, dass viele Fragen noch in Diskussion sind.

Alexithymia in Finnish General Population
Aino Mattila

Die Dissertation ist von 2009 und behandelt sehr viele Aspekte der Alexithymie. Weil sie zudem sehr verständlich geschrieben ist, gibt sie einen sehr guten, aktuellen Überblick über viele Fragestellungen im Zusammenhang Alexithymie.

Die Sprache der Gefühle. Die Entwicklung unserer emotionalen Fähigkeiten.
Matthias Franz

Die Arbeit beschreibt wie sich die emotionalen Fähigkeiten bei Kindern entwickeln und wie durch fehlende Faktoren alexithyme Merkmale entstehen können.

Associations between Alexithymia and mental well-being in Adolescents
Max Karukivi

Die Studie untersucht Zusammenhänge zwischen Alexithymie und der frühkindlichen Entwicklung, sowie Zusammenhänge zwischen Alexithymie und psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Essstörungen usw.

Affective Deprivation Disorder: Does it Constitute a Relational Disorder?
Harriet F. Simons Ph.D, Jason R. Thompson

Zusammenhänge zwischen Alexithymie und Partnerschaftskonflikten werden diskutiert.

Alexithymia in the interpersonal domain: A general deficit of empathy
Delphine Grynberg , Olivier Luminet, Olivier Corneille, Julie Grèzes, Sylvie Berthoz

Der Einfluss von Alexithymie auf die Fähigkeit zur Empathie, also zum Einfühlungsvermögen, wird untersucht.

Impaired Verbal and Nonverbal Emotion Recognition in Alexithymia
Richard D. Lane, MD, Lee Sechrest, PHD, Robert Reidel, PHD, Victoria Weldon, BS, Alfred Kaszniak, PHD, and Gary E. Schwartz, PHD

Die Studie prüft, ob Aylexithyme Gefühle nicht wahrnehmen können, oder ob sie Gefühle nur nicht in Worte fassen können.

Gender Differences in Alexithymia
Ronald F. Levant, Rosalie J. Hall, Christine M. Williams, and Nadia T. Hasan

Diese Meta-Studie - d.h. die Studie wertet andere Studien aus -  hinterfragt, ob Männer häufiger alexithym sind, als Frauen.

Alexithymie und Psychotherapie
Rufer, M; Jenewein, J

Die Studie stellt in Frage, dass Alexithymie den Verlauf von psychotherapeutischen Behandlungen immer negativ beeinflusst.

Alexithymia Assessment and Relations with Dimensions of Personality
Grégoire Zimmermann, Jérôme Rossier, Franz Meyer de Stadelhofen, and François Gaillard

Die Studie beleuchtet bisher wenig beachtete Zusammenhänge zwischen Alexithymie und Persönlichkeit, z.B. Impulsivität und Irrationalität.

Empathy and Judging Other’s Pain: An fMRI Study of Alexithymia
Cerebral Cortex September 2007

Durch Messung der Hirnaktivitäten wurde untersucht, wie Alexithyme auf Bilder reagieren, auf denen Menschen mit Schmerzen zu sehen sind, und wie sie diese Schmerzen im Vergleich zu nicht Alexithymen einschätzen.

Sonntag, 4. Dezember 2011

Offene Fragen und scheinbare Widersprüche


Die Beschäftigung mit Alexithymie kann schnell zu Verwirrung führen. Es gibt die schon erwähnten vier Kriterien zur Alexithymie. Darüber hinaus scheint jeder Autor unter Alexithymie etwas anderes zu verstehen. Die unterschiedlichen Konzepte zur Erklärung von Ursachen und Wirkungen klingen dabei in sich meistens plausibel, scheinen sich oft aber gegenseitig zu widersprechen. Sie lassen z.B. offen, ob es eine spezifische Ursache für eine spezifische Alexithymie gibt, oder ob es mehrere Ursachen für verschiedene Arten von Alexithymie gibt. Mal gelten Entwicklungsstörungen im Gehirn als Ursachen, dann eine gestörte Beziehung zwischen Mutter und Kind, dann wieder mehr oder weniger traumatische Erlebnisse, chronischer Stress etc. in jeder Altersphase usw.

Auch die Hirnforschung klärt nicht, ob z.B. Auffälligkeiten bei der Informationsverarbeitung die Ursache für Alexithymie oder die Folge von Alexithymie sind. Oder ob diese Auffälligkeiten und Alexithymie sogar unterschiedliche Folgen einer Ursache sind. Die meisten Autoren interpretieren diese Fragen auf jeweils ihre eigene Art, statt sie offen anzusprechen.

Entsprechend unklar ist, ob es Behandlungsmöglichkeiten gibt. Je nach Autor und angenommener Ursache wird behauptet, dass eine Behandlung nicht möglich ist, oder es werden Erfolg versprechende Behandlungsansätze beschrieben.

Auch die Kernfrage wird nicht eindeutig beantwortet: Haben Betroffene weniger oder kaum Gefühle, oder können sie diese nur nicht benennen?

Dieser chaotische Eindruck entsteht hauptsächlich, weil die Autoren sich auf bestimmte Aspekte beschränken müssen und nicht alle Facetten der Alexithymie betrachten werden. Leider wird das aber nicht einmal angedeutet. Besonders in den nicht wissenschaftlichen Medien wird stark vereinfacht, ohne entsprechende Hinweise. Oft wird zudem unterschlagen, dass viele Aussagen zur Alexithymie noch Theorien, Hypothesen und Vermutungen sind. Die in wissenschaftlichen Veröffentlichungen zahlreichen Einschränkungen durch Wörter wie „möglich“, „vielleicht“, „scheinbar“ etc., werden in anderen Medien meistens weg gelassen.

Deshalb noch einige Informationen, die vielleicht einige Widersprüche etwas aufhellen.
Im Zusammenhang mit Alexithymie werden manchmal 3 Typen unterschieden:

Typ I
Betroffene haben ein wenig ausgeprägtes Gefühlsleben, wenig Fantasie und sie können ihre Gefühle nur schlecht identifizieren, bewerten und mitteilen. Sie können nicht über ihre Gefühle sprechen und wissen nicht, was sie fühlen.

Typ II
Betroffene empfinden Gefühle, haben aber Schwierigkeiten Gefühle in Worte zu fassen, sie zu identifizieren und zu analysieren. Im Gegensatz zu Typ I haben sie eine gut entwickelte Vorstellungskraft. Unter den Alexithymen mit Typ II sind oft Opfer von sexuellem Missbrauch zu finden.

Typ III
Betroffene können über ihre Gefühle sprechen, Gefühle identifizieren und analysieren, aber ihr Gefühlsleben ist wenig entwickelt und sie haben wenig Fantasie.

Von primärer Alexithymie wird gesprochen, wenn die Alexithymie angeboren, oder durch Erfahrungen oder Ereignisse in der frühen Kindheit entstanden ist. Die Alexithymie ist dann quasi ein Teil der Persönlichkeit.
Wenn die alexithyme Eigenschaften eine ganz bestimmte Ursache haben und nur zeitweise auftreten, wird von sekundärer Alexithymie gesprochen. Solche Ursachen können z.B. traumatische Erfahrungen bei schrecklichen Ereignissen sein.
Im Englischen wird auch von trait alexithymia (primäre Alexithymie) und state alexithymia (sekundäre Alexithymie) gesprochen.

Die sekundäre Form wird in der Regel als "heilbar" betrachtet. Auch bei Formen, die nicht als vollständig "heilbar" gelten, kann nach einigen Quellen zumindest oft erreicht werden, dass Betroffene besser mit der Alexithymie bzw. mit ihren Mitmenschen umgehen können. Mir ist aber z.B. nicht klar, ob eine gestörte Mutter-Kind-Beziehung in den ersten Lebensjahren des Kindes als sekundäre oder als primäre Alexithymie angesehen wird.

Diese Differenzierungen zeigen, dass viele Berichte und Diskussionen über Alexithymie sich nicht unbedingt widersprechen. Aber es ist sehr oft unklar, welcher Aspekt oder Typ betrachtet wird.
Unter dem Begriff Alexithymie ist eine große Bandbreite von unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen zusammen gefasst. Diese verschiedenen Merkmale sind jeweils auch noch unterschiedlich stark ausgeprägt.

Betroffene dürfen genau so wenig pauschal einfache Schubladen gesteckt werden, wie nicht Alexithyme. Es versucht ja auch niemand alle Handlungen eines nicht Alexithymen mit einigen wenigen Persönlichkeitseigenschaften bzw. Charakterzügen zu erklären und zu begründen.
Das ist besonders wichtig, wenn online direkt oder indirekt Betroffenen Erklärungen und Hilfestellung gegeben werden soll. Es entstehen sehr leicht falsche Vorstellungen. Es ist ein großer Unterschied, ob der Hilfe suchenden Freundin eines Betroffenen mitgeteilt wird, dass ihr Partner nie Gefühle haben wird, oder ob Möglichkeiten zur Hilfe aufgezeigt werden.


Samstag, 3. Dezember 2011

Warum zieht sich ein alexithymer Partner zurück


In Foren wird oft von nicht alexithymen Partnerinnen geklagt, dass ihre alexithymen Partner sich immer weiter zurück ziehen würden. Das können z.B. immer seltenere Telefongespräche bei getrennt wohnenden Paaren sein, oder immer seltenere Körperkontakte bei zusammen lebenden Paaren.

Ich versuche mal eine mögliche Erklärung aus meiner Sicht, also der Sicht eines alexithymen Mannes.

Auf zumindest einige gefühlsbetonte Frauen wirken alexithyme Männer anziehend. Vielleicht, weil Alexithyme ruhig, ausgeglichen und zurückhaltend wirken. Auf der anderen Seite können gefühlsbetonte Frauen auf alexithyme Männer attraktiv, warmherzig und liebevoll wirken. Im Unterbewusstsein hoffen wahrscheinlich beide Seiten sich gegenseitig zu ergänzen und so voneinander profitieren zu können.

Die Partnerin glaubt vielleicht sogar, dass seine Ruhe auf sie abfärbt und sie sich bei ihm geborgen fühlen kann. Er hofft vielleicht, dass ihre Emotionalität ihm Antrieb gibt. Auf Dauer wird seine Zurückhaltung von ihr zunehmend als Distanz wahrgenommen. Ihre Emotionalität nervt ihn, wenn sie zur ungelegenen Zeit kommt. In guten Zeiten können beide damit umgehen. Man ist eben etwas verschieden, aber dafür hat der jeweilige Partner ja auch seine guten Seiten.

Allerdings ist jeder Mensch manchmal überfordert oder gestresst und fühlt sich unwohl. Ein alexithymer Mann spricht mit seiner Partnerin darüber aber nicht. Sogar wenn er seine Empfindungen bewusst wahrnimmt und richtig deutet, redet er nicht mit ihr darüber. Alleine schon um sie nicht zu beunruhigen. In ihrer Emotionalität macht sie sich sonst Sorgen. Diese Sorgen würden ihn dann wieder zusätzlich belasten, weil sie ihn mit ihren sorgenvollen Gefühlen nerven, ja quasi erdrücken würde. Er versucht deshalb sein Befinden zu verbergen. Das wirkt auf seine Partnerin so, als wäre er noch weniger an ihr und ihren Gefühlen interessiert als sonst.

Wenn sie ihm daraufhin seine Distanziertheit oder sogar Gefühllosigkeit vorwirft, sind diese Vorwürfe für ihn völlig unverständlich. Er will sie ja gerade nicht belasten. Deshalb wird er die Vorwürfe als abwegig abtun. Seine Partnerin fühlt sich noch mehr zurückgewiesen und wird erst recht zu emotionalem Verhalten provoziert. Auf ihn wirkt sie immer theatralischer und nervtötender.

Während sie immer verzweifelter wird, verstärkt er seine Selbstbeherrschung. In seiner Wahrnehmung sieht er ja bei seiner Partnerin, dass Gefühle nur Schaden anrichten. Gleichzeitig versucht er gegenüber seiner Partnerin das jeweilige Verhalten abzustellen, dass sie ihm vorwirft. Er stellt aber nur ganz genau das Verhalten ab, dass sie ihm konkret vorwirft. Z.B. ruft er öfter an, wenn sie ihm vorwirft, zu selten anzurufen. Im Telefongespräch bleibt aber insgesamt weiterhin distanziert bzw. wirkt so, weil er keine Themen für das Gespräch findet, die sie interessieren.

Zug um Zug reagiert sie immer empfindlicher, während er sich genau deshalb immer weiter zurück zieht.

Dabei würde er gerade jetzt in seiner Schwächephase eine Partnerin brauchen, die ihn so liebt und akzeptiert, wie er wirklich ist. Die sich nicht von scheinbarer Ruhe und Stärke beeindrucken lässt. Die ihn quasi durchschaut und ihm Sicherheit und Unterstützung gibt, auch wenn er seine Gefühle nicht preisgibt.