Samstag, 23. Juli 2016

Eifersucht

Auf Bitte einer Kommentatorin schreibe ich hier etwas zum Thema Eifersucht.

Eifersucht kannte ich bis vor Kurzem nur aus Filmen, Büchern usw. Ich habe mir das ungefähr so vorgestellt:
Ein eifersüchtiger Mensch hat irgend etwas beobachtet oder gehört, aus dem er schließt, dass sein Partner bzw. seine Partnerin eine Beziehung mit einem anderen Menschen hat. Ob dieser Verdacht zu recht besteht oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Es muss sich auch nicht um aktuelle Partner handeln. Scheinbar kann man auch auf verflossene und potenzielle künftige Partner des eigenen Partners eifersüchtig sein.
Weil man also seinen Partner verdächtigt fremd zu gehen, fremd gegangen zu sein, oder fremd gehen zu wollen, wird man wütend und es kommt zu mehr oder weniger heftigen Streitereien.

Ich habe mir Eifersucht also relativ geordnet und vernünftig vorgestellt, auch wenn die Eifersucht auf Missverständnissen beruhen und unbegründet sein konnte.

Für mich persönlich hat Eifersucht nie eine Rolle gespielt. Ich selbst war meiner Meinung nach nie eifersüchtig, auf mich war nach meiner Wahrnehmung nie jemand eifersüchtig, ich habe nie eifersüchtige Menschen bzw. Verhaltensweisen in meiner Umgebung wahrgenommen.
Ich bin schnell verärgert oder sogar wütend, wenn Absprachen nicht eingehalten werden, z.B. Verabredungen kurzfristig abgesagt werden etc. Ob das eine Art von Eifersucht ist, kann ich nicht sagen.

Vor einiger Zeit haben meine Frau und ich vereinbart, dass sie mir ganz offen sagt, was sie an mir stört, wenn ich mich anders verhalten solle etc. In der Folgezeit hielt sie mir immer wieder vor, dass ich anderen Frauen hinter her sehen würde, dass ich mir Bilder von nackten Frauen ansehen würde bis hin zu konkreten Verdächtigungen, ich würde fremd gehen. Nein, ich bin nie fremd gegangen. Wahrscheinlich schon alleine, weil ich zu schwer Kontakte knüpfe und viel zu unsicher dazu wäre.

Allmählich wurde mir klar, dass meine Frau extrem eifersüchtig ist. Im Nachhinein glaube ich, dass einige Verhaltensweisen von ihr, auf Eifersucht beruhten. Was ich bis dahin auf für mich völlig unverständliche Launen zurück geführt hatte, könnt evtl. auf Eifersucht beruht haben.

Ein wirklich tieferes Verständnis, was dabei in ihr vorgehen könnte hatte ich nicht. Darüber habe ich auch nie nach gedacht. Ich habe versucht ihre Eifersucht durch Argumente zu entkräften. Was allerdings überhaupt nicht funktionierte.
Wenn sie z.B. für möglich hielt, dass ich bei auf dem Nachhauseweg von der Arbeit fremd gegangen sein könnte, habe ich argumentiert, dass das doch gar nicht möglich sei, wenn man Arbeitszeiten, Fahrzeiten und Ankunftszeit zu Hause berücksichtigen würde.

Vor einigen Monaten erhielt ich eine Mail, in der eine mir unbekannte Frau beschrieb, was bei ihr passiert, wenn sie eifersüchtig ist.

Körperliche Zustände
  • Unruhe, d.h. Umherlaufen ohne Ziel
  • Feuchte Hände und Füße 
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Sucht, z.B. rauchen 
  • Durchfälle unterschiedlicher Stärke
  • Mundtrockenheit
  • Kein Durst und Hunger

Überlegungen:
  • Warum erkennt er meine zwischenmenschlichen Bedürfnisse nicht
  • Macht er das um mich zu verletzen?
  • Er möchte mich nur loswerden weil ich soviel ärger wegen dem fehlenden Zwischenmenschlichen mache
  • Warum sprechen wir nicht über die Problematik mit Lösungsansätzen?
  • Er benutzt mich nur um seine körperlichen Bedürfnisse zu stillen
  • Er versteht mich nicht und glaubt daher das wir nicht zusammen passen
  • Er verlässt mich
  • Ich bin allein auf dieser Welt und unverstanden von Allen

Mich hat es völlig überrascht, was da alles bei Eifersucht passieren kann. Ich hoffe es kommt einigermaßen heraus, welcher Unterschied zwischen meiner bisherigen Sicht und dieser Beschreibung besteht.

Nachvollziehen kann ich das aber nicht wirklich. Natürlich auch, weil es zumindest in meinem Fall so unnötig, eigentlich sogar ungerecht mir gegenüber, ist. Ich weiß jetzt, dass Eifersucht für meine Frau was sehr Schlimmes sein muss. Aber warum sie wirklich eifersüchtig ist und wie ich damit umgehen soll, weiß ich immer noch nicht. Rationale Erklärungen bewirken nichts. Aber es ist das Einzige, was ich machen kann. Ich versuche deshalb mit Argumenten und leichtem Humor ihre Eifersucht zu besänftigen und lasse sie ansonsten in Ruhe, wenn sie aktuell eifersüchtig zu sein scheint. Wird wohl genau das Falsche sein.




Sonntag, 5. Januar 2014

Wie Gefühle wahrgenommen werden

In den letzten Tagen wurde in mehreren deutsch- und englischsprachigen Onlinemedien auf die Studie "Bodily maps of emotions" von Lauri Nummenmaa von der finnischen Aalto University hin gewiesen, in der eine Karte erstellt wurde, wo im Körper bestimmte Gefühle wahrgenommen werden:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/wahrnehmung-von-emotionen-die-angst-sitzt-in-der-brust-a-941407.html
(Das Bild anklicken, damit die Grafik vollständig angezeigt wird)

http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/koerper-und-emotionen-karte-der-gefuehle-1.1854431

http://www.npr.org/blogs/health/2013/12/30/258313116/mapping-emotions-on-the-body-love-makes-us-warm-all-over

http://www.usnews.com/news/articles/2013/12/30/study-finds-emotions-can-be-mapped-to-the-body

Nach meinem Verständnis ist die wesentliche Erkenntnis der Studie, dass das jeweilige Gefühle in verschiedenen Kulturen und Sprachfamilien jeweils gleiche körperliche Empfindungen hervorruft. Ob hier zwischen Gefühlen und Emotionen unterschieden wird, ist mir nicht klar. Die deutschsprachigen Artikel benutzen die Begriffe scheinbar in gleicher Bedeutung.

Es geht in der Studie nicht direkt um Alexithymie, aber evtl. helfen die Bilder bei der Frage, wie "richtige" Gefühle denn wahrgenommen werden "müssten".

Interessant dazu finde ich vor allem den Satz aus der Süddeutschen: "Nummenmaa vermutet, dass es erst diese körperlichen Veränderungen die bewusste Wahrnehmungen der Gefühle ermöglichen."

Wenn ich diese körperlichen Empfindungen in entsprechenden Situationen nicht spüre, habe ich auch nicht das entsprechende Gefühl, zumindest nicht bewusst. Wenn ich die körperlichen Empfindungen nie hatte, hatte ich auch nie das entsprechende Gefühl. Ich bin allerdings nicht sicher, ob diese Interpretation wirklich richtig ist. Evtl. ist es aber ein Hinweis für die Frage, ob man Gefühle hat oder nicht.




Samstag, 29. Juni 2013

Alexithymie – Soziopathie – Psychopathie

Weil in den Kommentaren mehrfach eine Gleichsetzung von alexithymen Menschen mit Soziopathen angesprochen wurde, versuche ich die Ähnlichkeiten und die Unterschiede zwischen Alexithymie, Soziopathie und Psychopathie darzustellen.

Ähnlichkeiten:
Alexithyme, Soziopathen und Psychopathen zeigen einen Mangel an Einfühlungsvermögen, sind emotional schwer erreichbar und können oberflächliche oder sogar erfundene Gefühlsbeschreibungen verwenden, um soziale Kontakte herzustellen.

Unterschiede:
Alexithyme haben Schwierigkeiten eigene Gefühle und die Gefühle anderer zu erkennen. Sie passen sich an ihr soziales Umfeld an, halten ethische Normen ein und handeln kontrolliert. Sie sind oft angepasst und eher ängstlich.

Soziopathen erkennen Gefühle anderer nicht. Psychopathen setzen sich bewusst über Gefühle anderer hinweg. Soziopathen und Psychopathen passen sich in der Regel nicht an ihr Umfeld an, missachten ethische Normen, handeln unkontrolliert, unangepasst und ohne Schuldbewusstsein. Das gestörte Verhältnis von Soziopathen zu anderen Menschen resultiert daraus, dass sie deren Reaktionen nicht einschätzen können. Psychopathen dagegen interpretieren Gefühle anderer oft sehr gut und nutzen diese Gefühle bewusst zu ihrem Vorteil aus.

Soziopathen und Psychopathen in medizinischem Sinn sind selten. Die Bezeichnungen aber werden häufig verwendet um auszudrücken, dass sich ein Mensch anderen gegenüber immer wieder sehr schlecht verhält.
Eine Unterscheidung von Alexithymie zu Soziopathie und Psychopathie anhand der Unterscheidung zwischen Gefühlen und Emotionen halte ich nicht für sinnvoll. Die Begriffe Gefühl und Emotion werden nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch normalerweise in gleicher Bedeutung verwendet. Sogar viele Wissenschaftler, Therapeuten etc. benutzen beide Begriffe als Synonyme. Wie schwer eine Unterscheidung fällt, zeigt z.B. das Pflegewiki: http://www.pflegewiki.de/wiki/Gef%C3%BChl
Selbst bei strenger Unterscheidung zwischen Gefühl und Emotion, z.B. anhand der jeweiligen Definitionen in Wikipedia, bleibt unklar auf welche dieser Ebenen sich Alexithymie auswirkt. Es ist keineswegs sicher, dass jeder alexithyme Mensch alle Emotionen unbewusst oder bewusst (körperlich) spürt. Dass diese Emotionen nicht bestimmten Gefühlen zugeordnet werden können und deshalb psychosomatische Erkrankungen folgen, konnte nicht belegt werden.
Z.B. enthält die Arbeit „Feelings with no name - In search of a neural basis for alexithymia“ von Katharina Sophia Goerlich Hinweise, dass bei Alexithymen schon die unbewusste Aufnahme von emotionalen Reizen anders verläuft, als bei Nicht-Alexithymen.

Im Rahmen dieses Blocks will ich mich nicht auch noch in die möglichen neuronalen Ursachen für Soziopathie und Psychopathie einarbeiten. Die aufgeführten Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Auswirkungen sollten für die Unterscheidung ausreichen.

Weitere Quellen

Untersuchung zu funktionellen und topographischen Korrelaten früher Verarbeitung affektexpressiver Mimik bei Alexithymen
Jessica Kessler
2011

Feelings with no name - In search of a neural basis for alexithymia
Katharina Sophia Goerlich
2011

Sonntag, 8. Januar 2012

Artikel auf welt.de

Der erste Artikel ist von Ende 2010, aber ich habe ihn jetzt erst gesehen. Ich finde er ist sehr gut zu lesen und beschreibt das Thema sachlich und ausgewogen:

http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article10799184/Jeder-elfte-Deutsche-ist-blind-gegenueber-Gefuehlen.html

Hier noch ein Artikel, wie man evtl. Gefühle lernen kann:

http://www.welt.de/gesundheit/article13364949/Wie-Gefuehlsblinden-Emotionen-beigebracht-werden.html

Montag, 5. Dezember 2011

Interessante Originalstudien


Hier noch ein paar originale Studien über Alexithymie, die die Aussagen hier im Block unterstützen und ergänzen. Alle aufgelisteten Arbeiten sind im Internet frei zugänglich. Ich verlinke die Arbeiten nicht, weil sich solche Links schnell ändern. Mit Titel und Autor lassen sich die Artikel schnell mit Suchmaschinen finden. Mit den Suchbegriffen "Alexithymia" und "pdf2 lassen sich noch viele andere wissenschaftliche Arbeiten aus erster Hand finden. Darunter sind aber viele Studien, die sich mit ganz speziellen Fragestellungen beschäftigen.

Die genannten Arbeiten enthalten neben den direkt behandelten Aspekten oft auch weitere interessante Aussagen über Alexithymie. Meistens ist zumindest ein kurzer Abschnitt mit den wichtigsten Grundannahmen zur Alexithymie enthalten. In der Regel ist es für medizinische Laien nur sinnvoll die einleitenden Kapitel und die Ergebnisdiskussionen am Ende zu lesen.
Trotzdem sollte man hin und wieder mal auch tiefer hinein sehen. Es ist sicher interessant zu sehen, auf welch geringen Teilnehmerzahlen und speziellen Teilnehmergruppen einige Thesen beruhen. Interessant ist auch, mit welchen statistischen Methoden manche Aussagen aus dem Durchschnittsergebnis heraus gearbeitet werden. Nicht zuletzt wird auch klar, dass viele Fragen noch in Diskussion sind.

Alexithymia in Finnish General Population
Aino Mattila

Die Dissertation ist von 2009 und behandelt sehr viele Aspekte der Alexithymie. Weil sie zudem sehr verständlich geschrieben ist, gibt sie einen sehr guten, aktuellen Überblick über viele Fragestellungen im Zusammenhang Alexithymie.

Die Sprache der Gefühle. Die Entwicklung unserer emotionalen Fähigkeiten.
Matthias Franz

Die Arbeit beschreibt wie sich die emotionalen Fähigkeiten bei Kindern entwickeln und wie durch fehlende Faktoren alexithyme Merkmale entstehen können.

Associations between Alexithymia and mental well-being in Adolescents
Max Karukivi

Die Studie untersucht Zusammenhänge zwischen Alexithymie und der frühkindlichen Entwicklung, sowie Zusammenhänge zwischen Alexithymie und psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Essstörungen usw.

Affective Deprivation Disorder: Does it Constitute a Relational Disorder?
Harriet F. Simons Ph.D, Jason R. Thompson

Zusammenhänge zwischen Alexithymie und Partnerschaftskonflikten werden diskutiert.

Alexithymia in the interpersonal domain: A general deficit of empathy
Delphine Grynberg , Olivier Luminet, Olivier Corneille, Julie Grèzes, Sylvie Berthoz

Der Einfluss von Alexithymie auf die Fähigkeit zur Empathie, also zum Einfühlungsvermögen, wird untersucht.

Impaired Verbal and Nonverbal Emotion Recognition in Alexithymia
Richard D. Lane, MD, Lee Sechrest, PHD, Robert Reidel, PHD, Victoria Weldon, BS, Alfred Kaszniak, PHD, and Gary E. Schwartz, PHD

Die Studie prüft, ob Aylexithyme Gefühle nicht wahrnehmen können, oder ob sie Gefühle nur nicht in Worte fassen können.

Gender Differences in Alexithymia
Ronald F. Levant, Rosalie J. Hall, Christine M. Williams, and Nadia T. Hasan

Diese Meta-Studie - d.h. die Studie wertet andere Studien aus -  hinterfragt, ob Männer häufiger alexithym sind, als Frauen.

Alexithymie und Psychotherapie
Rufer, M; Jenewein, J

Die Studie stellt in Frage, dass Alexithymie den Verlauf von psychotherapeutischen Behandlungen immer negativ beeinflusst.

Alexithymia Assessment and Relations with Dimensions of Personality
Grégoire Zimmermann, Jérôme Rossier, Franz Meyer de Stadelhofen, and François Gaillard

Die Studie beleuchtet bisher wenig beachtete Zusammenhänge zwischen Alexithymie und Persönlichkeit, z.B. Impulsivität und Irrationalität.

Empathy and Judging Other’s Pain: An fMRI Study of Alexithymia
Cerebral Cortex September 2007

Durch Messung der Hirnaktivitäten wurde untersucht, wie Alexithyme auf Bilder reagieren, auf denen Menschen mit Schmerzen zu sehen sind, und wie sie diese Schmerzen im Vergleich zu nicht Alexithymen einschätzen.

Sonntag, 4. Dezember 2011

Offene Fragen und scheinbare Widersprüche


Die Beschäftigung mit Alexithymie kann schnell zu Verwirrung führen. Es gibt die schon erwähnten vier Kriterien zur Alexithymie. Darüber hinaus scheint jeder Autor unter Alexithymie etwas anderes zu verstehen. Die unterschiedlichen Konzepte zur Erklärung von Ursachen und Wirkungen klingen dabei in sich meistens plausibel, scheinen sich oft aber gegenseitig zu widersprechen. Sie lassen z.B. offen, ob es eine spezifische Ursache für eine spezifische Alexithymie gibt, oder ob es mehrere Ursachen für verschiedene Arten von Alexithymie gibt. Mal gelten Entwicklungsstörungen im Gehirn als Ursachen, dann eine gestörte Beziehung zwischen Mutter und Kind, dann wieder mehr oder weniger traumatische Erlebnisse, chronischer Stress etc. in jeder Altersphase usw.

Auch die Hirnforschung klärt nicht, ob z.B. Auffälligkeiten bei der Informationsverarbeitung die Ursache für Alexithymie oder die Folge von Alexithymie sind. Oder ob diese Auffälligkeiten und Alexithymie sogar unterschiedliche Folgen einer Ursache sind. Die meisten Autoren interpretieren diese Fragen auf jeweils ihre eigene Art, statt sie offen anzusprechen.

Entsprechend unklar ist, ob es Behandlungsmöglichkeiten gibt. Je nach Autor und angenommener Ursache wird behauptet, dass eine Behandlung nicht möglich ist, oder es werden Erfolg versprechende Behandlungsansätze beschrieben.

Auch die Kernfrage wird nicht eindeutig beantwortet: Haben Betroffene weniger oder kaum Gefühle, oder können sie diese nur nicht benennen?

Dieser chaotische Eindruck entsteht hauptsächlich, weil die Autoren sich auf bestimmte Aspekte beschränken müssen und nicht alle Facetten der Alexithymie betrachten werden. Leider wird das aber nicht einmal angedeutet. Besonders in den nicht wissenschaftlichen Medien wird stark vereinfacht, ohne entsprechende Hinweise. Oft wird zudem unterschlagen, dass viele Aussagen zur Alexithymie noch Theorien, Hypothesen und Vermutungen sind. Die in wissenschaftlichen Veröffentlichungen zahlreichen Einschränkungen durch Wörter wie „möglich“, „vielleicht“, „scheinbar“ etc., werden in anderen Medien meistens weg gelassen.

Deshalb noch einige Informationen, die vielleicht einige Widersprüche etwas aufhellen.
Im Zusammenhang mit Alexithymie werden manchmal 3 Typen unterschieden:

Typ I
Betroffene haben ein wenig ausgeprägtes Gefühlsleben, wenig Fantasie und sie können ihre Gefühle nur schlecht identifizieren, bewerten und mitteilen. Sie können nicht über ihre Gefühle sprechen und wissen nicht, was sie fühlen.

Typ II
Betroffene empfinden Gefühle, haben aber Schwierigkeiten Gefühle in Worte zu fassen, sie zu identifizieren und zu analysieren. Im Gegensatz zu Typ I haben sie eine gut entwickelte Vorstellungskraft. Unter den Alexithymen mit Typ II sind oft Opfer von sexuellem Missbrauch zu finden.

Typ III
Betroffene können über ihre Gefühle sprechen, Gefühle identifizieren und analysieren, aber ihr Gefühlsleben ist wenig entwickelt und sie haben wenig Fantasie.

Von primärer Alexithymie wird gesprochen, wenn die Alexithymie angeboren, oder durch Erfahrungen oder Ereignisse in der frühen Kindheit entstanden ist. Die Alexithymie ist dann quasi ein Teil der Persönlichkeit.
Wenn die alexithyme Eigenschaften eine ganz bestimmte Ursache haben und nur zeitweise auftreten, wird von sekundärer Alexithymie gesprochen. Solche Ursachen können z.B. traumatische Erfahrungen bei schrecklichen Ereignissen sein.
Im Englischen wird auch von trait alexithymia (primäre Alexithymie) und state alexithymia (sekundäre Alexithymie) gesprochen.

Die sekundäre Form wird in der Regel als "heilbar" betrachtet. Auch bei Formen, die nicht als vollständig "heilbar" gelten, kann nach einigen Quellen zumindest oft erreicht werden, dass Betroffene besser mit der Alexithymie bzw. mit ihren Mitmenschen umgehen können. Mir ist aber z.B. nicht klar, ob eine gestörte Mutter-Kind-Beziehung in den ersten Lebensjahren des Kindes als sekundäre oder als primäre Alexithymie angesehen wird.

Diese Differenzierungen zeigen, dass viele Berichte und Diskussionen über Alexithymie sich nicht unbedingt widersprechen. Aber es ist sehr oft unklar, welcher Aspekt oder Typ betrachtet wird.
Unter dem Begriff Alexithymie ist eine große Bandbreite von unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen zusammen gefasst. Diese verschiedenen Merkmale sind jeweils auch noch unterschiedlich stark ausgeprägt.

Betroffene dürfen genau so wenig pauschal einfache Schubladen gesteckt werden, wie nicht Alexithyme. Es versucht ja auch niemand alle Handlungen eines nicht Alexithymen mit einigen wenigen Persönlichkeitseigenschaften bzw. Charakterzügen zu erklären und zu begründen.
Das ist besonders wichtig, wenn online direkt oder indirekt Betroffenen Erklärungen und Hilfestellung gegeben werden soll. Es entstehen sehr leicht falsche Vorstellungen. Es ist ein großer Unterschied, ob der Hilfe suchenden Freundin eines Betroffenen mitgeteilt wird, dass ihr Partner nie Gefühle haben wird, oder ob Möglichkeiten zur Hilfe aufgezeigt werden.